Wege aus der Armut – Das Matternet Projekt

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Jan Kristof Arndt 26 März 2019

Wenn ich aufgefordert wäre, unsere Welt in 10 Stichwörtern zu beschreiben, würde ich zu Folgendem kommen:

  • Umfassende Globalisierung
  • Kreative Revolution
  • Demographischer Wandel
  • Digitales Leben
  • Medizinischer Fortschritt
  • Zunehmende Mobilität & Flexibilität
  • Dynamisierung der Märkte
  • Zunehmendes Bedürfnis nach Sicherheit
  • Steigendes Umweltbewusstsein
  • Work-Life-Balance

Natürlich sind 10 Begriffe nicht einmal im Ansatz genug, um der Komplexität unseres Lebens gerecht zu werden, zumal jeder eine ganz individuelle Wahrnehmung von gesellschaftsrelevanten Trends hat und diese unterschiedlich priorisiert. Würde man das kleine Mädchen oben auf dem Bild fragen, ob es uns seine Welt beschreiben könne, würde wahrscheinlich ein Wort reichen: HUNGER!

Gegenwärtig leiden über 20% der Weltbevölkerung –und damit mehr als 1,4 Mrd. Menschen– an den Auswirkungen extremer Armut. 1 Mrd. davon leben in ländlichen, in vielen Fällen von jeder Zivilisation abgeschnittenen Regionen, in denen die Infrastruktur zum Teil so schlecht ist, dass weder Lebensmittel die Märkte noch Hilfsmittel die Menschen erreichen. Die Folgen sind gravierend:

  • Täglich sterben 100.000 Menschen an Hunger oder seinen Folgeerscheinungen
  • Alle 4 Minuten verliert ein Mensch sein Augenlicht aufgrund eines akuten Vitamin A-Mangels
  • Alle 5 Sekunden verhungert ein Kind unter 10 Jahren (Zahlen & Fakten aus „We feed the world – von Erwin Wagenhofer“)

Der Anfang September 2011 in den Kinos angelaufene Dokumentarfilm „Taste the waste!“ verdeutlicht auf drastische Weise, dass von den weggeworfenen, noch genießbaren Lebensmitteln der Europäer und US-Amerikaner die Hungernden der Welt siebenmal satt werden könnten. Wenn man überlegt, dass reiche Länder wie Deutschland jedes Jahr 20 Mio. Tonnen Lebensmittel (Quelle: Welthungerhilfe) einfach in den Müll werfen (Warum gibt es immer noch viel zu wenig Angebote für die zunehmende Zahl an Singlehaushalten???), fällt einem eigentlich gar nichts mehr dazu ein.

Viele unserer Innovationsanstrengungen zielen auf die Versorgung der übrigen 5,6 Mrd. Menschen. Fast täglich informieren uns die Medien über Neuentwicklung aus der Kommunikationsindustrie, Innovationen im Automobilsektor oder über Fortschrittsleistungen in der Medizin. Das ist ja auch nicht schlecht. Und trotzdem dürfen wir eben auch nicht die anderen, in Armut verhafteten Menschen vergessen.

Das Projekt „Matternet“ hat sich genau dieser Versorgungsproblematik angenommen und Millionen an Entwicklungsausgaben in eine Logistikinnovation investiert, die nach eigenen Angaben den Betroffenen helfen soll, Anschluss an lokale und globale Märkte und damit einen Weg aus der Armut zu finden. Die Idee: Eine autonom fliegende, GPS-gesteuerte Drone, die mit 2 Kilogramm beladen werden und 10 Kilometer weit fliegen kann. Eine eigens entwickelte Software nimmt nicht nur die Bestellung an, sondern löst auch den Ausliefervorgang aus, sorgt für eine ordnungsgemäße Beladung, berücksichtig die Dringlichkeit von Bestellungen und verarbeitet Wetterdaten, um die Waren bedarfsgerecht ausliefern zu können. Die Bestellung erfolgt über spezielle Hardware-Endgeräte, die von Matternet bereitgestellt werden. So können Waren, Hilfsmittel und andere Gegenstände von einem Ort zu einem anderen geflogen werden – unabhängig von den geographischen Bedingungen und fehlender Infrastruktur. Dadurch erhalten auch die Ärmsten Anschluss an die Welt.

Auch wenn diese Idee hier und da noch an Grenzen stoßen mag (u.a. müssten die Belastungsmöglichkeiten der Drone und deren Reichweite deutlich optimiert werden), hat sie mich doch sehr beeindruckt. So lange es immer noch Menschen gibt, die unter erbärmlichen Bedingungen leben müssen, haben wir alle eine moralische Verpflichtung über innovative Ansätze zur Verbesserung nachzudenken.

Für weitere Beispiele, wie wir unsere Welt gerechter machen und auch die Ärmsten an der Globalisierung partizipieren lassen können, bin ich immer dankbar und würde gern über sie berichten.

Auf bald

Jan Kristof Arndt

Jan Kristof Arndt
Autor: Jan Kristof Arndt

Innovationsberater und Autor „Von Regelbrüchen … oder der Kunst, merkwürdig zu sein“