20 der besten Chatbots in 2019 [Teil 3 / 3]

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Jan Kristof Arndt 15 Oktober 2019 – Lesedauer: 5:55

Fortsetzung des ersten und zweiten Teils:


Im Baukasten der Zukunft finden sich zahlreiche Technologien, die schon heute weite Teile des Marktes, ja des Lebens beeinflussen. Stellvertretend sollen hier Big Data und Künstliche Intelligenz genannt werden. Aus diesen Basis-Technologien sind in den letzten Jahren zahlreiche Innovationen hervorgegangen, zu denen auch Chatbots - also smarte Assistenzsysteme - gehören. Im letzten Teil unserer Abhandlung zu diesem Thema möchten wir Ihnen 3 weitere Anwendungsgebiete, inkl. zahlreicher Beispiele aus der Praxis vorstellen. Enjoy.

Kategorie 8: Chatbots als reale Begleiter

Neben virtuellen Systemen gibt es natürlich noch solche, die ein bisschen mehr unseren früheren Vorstellungen eines digitalen Assistenten entsprechen. Ich kann mich erinnern, dass ich schon als Kind unbedingt später einen Roboter haben wollte, der mir Alltagsaufgaben abnehmen und mich bei diesem und jenem unterstützen sollte. Erste Versuche in der Hinsicht reichen Jahrzehnte zurück – mittlerweile gibt es Lösungen, die meiner Vorstellung von damals recht nahe kommen. Die vielleicht bekannteste ist „Pepper“, aber es gibt auch noch andere.

Beispiel 1: Justin

Seit 2018 werden in dem von der Caritas betrieben Altenheim St. Vinzenz humanoide Heimassistenten eingesetzt – oder anders: Pflegeroboter. Diese wurden am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und hören auf den Namen Justin. Dabei geht es (das wird merklich oft von den Betreibern solcher Systeme betont) nicht darum, Arbeitsplätze zu streichen, sondern das bestehende Pflegepersonal zu entlasten. Justin hört zu, antwortet auf Fragen, erinnert an die Einnahme von Medikamenten und kann im Notfall auch Alarm schlagen.

Auch nach Jahren der Diskussion über den Pflegenotstand in Deutschland hat sich wenig getan. Das ist dramatisch, wenn man bedenkt, dass sich die Zahl pflegebedürftiger Menschen bis 2030 bei uns verdoppeln wird. Vielleicht können Roboter wie Justin zur Entlastung beitragen.

Take-away

  • Bauen Sie die natürliche Distanz zwischen Menschen und humanoiden Assistenten ab, indem sie diese menschlich und emotional erscheinen lassen.

Beispiel 2: Buddy

Dieser Roboter wird vom herstellenden Unternehmen als Begleiter für die ganze Familie beworben. Buddy ist Spielkamerad und persönlicher Assistent zugleich. Zu den spannendsten Features gehören interaktive Lernspiele, Überwachungs- und Erinnerungsfunktionen. Die Auslieferung soll voraussichtlich im April 2020 starten.

Take-away

  • Konzentrieren Sie sich nicht nur auf eine potenzielle Kundengruppe. Passen Sie Sprache und Angebot an die Bedürfnisse / den Kenntnisstand Ihres Gegenübers an.


Kategorie 9: Unterstützung von Spiele- und Streaming-Anwendungen

Auch die Spieleindustrie und diverse Streamingdienste setzen auf Chatbots. Oft geht es darum, dem User wichtige Informationen an die Hand zu geben, so dass dieser eine für ihn vorteilhafte Entscheidung treffen kann.

Gamer gehören ganz ohne Zweifel zu den ersten, die Erfahrung mit „sprechenden“ Systemen gesammelt haben. Viele Abenteuerspiele waren so aufgebaut. Oft wurde Ihnen eine Frage mit drei unterschiedlichen Antwortoptionen angezeigt (z.B. umkehren, weiter geradeaus, rechts abbiegen). Abhängig von der Auswahl hat sich das Spiel in die eine, die andere oder eine dritte Richtung entwickelt. Dadurch hatte man das Gefühl, Einfluss nehmen zu können – eines der wesentlichen Erfolgsprinzipien im Spieledesign.

Beispiel 1: Marvel Contest of Champions

MCOC ist ein frei-verfügbares Online-Spiel. Neben anderen Funktionen zeigt der Chatbot den Spielern ihre Position im Ranking, beantwortet einfache Fragen und zeigt Wege auf sich zu verbessern.

Take-away

  • Helfen Sie dem User Ihr System zu verstehen und es mit der Zeit immer besser zu bedienen.

Beispiel 2: Nightbot

Nightbot ist der beliebteste Chatbot unter den Twitch Streamern, was nicht allein auf die vielen unterschiedlichen Funktionen und das sehr übersichtliche Dashboard zurückzuführen ist. Nightbot ist kostenlos und wird oft verwendet, um Chat-Posts zu moderieren, Spams zu filtern, Nachrichten zu planen, Wettbewerbe durchzuführen und den Countdown für ein Event anzuzeigen.

Take-away

  • Ihr Chatbot sollte darauf abzielen, eine optimale User Experience zu schaffen.
  • Informationen sollten übersichtlich dargestellt, Einstellungen / Settings z.B. zum Umgang mit Nachrichten respektiert und bevorstehende Events angekündigt werden.


Kategorie 10: Unterstützung im eCommerce

Chatbots gewinnen zunehmend an Bedeutung – vor allem im eCommerce. Dabei übernehmen sie schon heute wichtige Aufgaben, wie z.B. die Begrüßung neuer Kunden, die Beantwortung von Fragen, die Bereitstellung von Produktinformationen und die Zahlungsabwicklung. Damit helfen Sie, die Shoppingerfahrung in Online-Stores so angenehm wie möglich zu machen.

Beispiel 1: Tinka

Tinka hilft Kunden von T-mobil das für sie beste Handy zu finden. Nachdem man sich mit dem System verbunden hat, erfährt man zunächst eine ganze Menge über das Unternehmen – und noch mehr seine Produkte. Ist das richtige dabei, kann man direkt mit Tinkas Hilfe, den Verkauf abschließen. Ansonsten (wie so oft) haben die Nutzer auch die Möglichkeit, sich mit einem der Verkäufer verbinden zu lassen. Den Berichten nach, konnte T-mobil dank Tinka die Wirksamkeit seiner Retargeting-Anstrengungen um das Dreifache steigern – und die des Verkaufs um das Siebenfache.

  • Zeigen Sie dem User vor allem das an, was für ihn relevant ist. Wenn er z.B. nach einem Handy speziell für Senioren sucht, sollten Sie ihm nicht per se das neueste Samsung-Gerät vorschlagen, nur weil Sie damit eine höhere Marge erzielen können.
  • Bemühen Sie sich um eine intelligente Verknüpfung der bereitgestellten Informationen mit der Möglichkeit, ein Produkt direkt über das System zu kaufen.

Beispiel 2: Emirates

Die durchschnittliche Klick-Rate (kurz: KR) ist eine Kennzahl zur Beurteilung der Marketing-Aktivitäten von Unternehmen und beschreibt die Anzahl der Klicks auf Werbebanner oder Sponsorenlinks im Verhältnis zu den Klicks auf andere im Rahmen einer Website dargestellte Impressionen. Wird eine Werbung hundertmal angezeigt und dabei einmal angeklickt, beträgt die Klick-Rate 1 %. Das erscheint Ihnen wenig? Nun, die durchschnittliche KR von Bannerwerbungen liegt bei 0,35 %. Nie zuvor war dieser Wert niedriger – die Wirkung solcher Online-Anzeigen nimmt also zunehmend ab. Emirates hat einen Chatbot in seine Display-Werbung integriert. Dieser verwendet bewusst unterschiedliche Bilder und Darstellungssequenzen. Die genaue Ausgestaltung hängt vom Browserverhalten der Nutzer ab. Haben diese z.B. in der Vergangenheit oft Sport-Nachrichtenseiten besucht, werden ihnen gezielt Sport-Motive und entsprechende Freizeitaktivitäten in der Zielregion angezeigt. Dadurch konnte innerhalb weniger Monate die Interaktionsrate um 87 % gesteigert werden.

Take-away

  • Vergessen Sie nie, worum es Ihren Kunden wirklich geht.
  • Gestalten Sie die zahlreichen Touchpoints entlang der User Journey so, dass sie vom Kunden als sinnvoll wahrgenommen werden. Vermeiden Sie Redundanzen.

Beispiel 3: Bud Bot

Der Chatbot von Bud Light erinnert seine Nutzer daran, ihre Bierbestände z.B. vor einem wichtigen Football-Spiel aufzufüllen. Er erlaubt Usern, Dosen im Design ihres Lieblingsteams zu bestellen – und verspricht Bestellungen selbst an Spieltagen unterhalb einer Stunde auszuliefern. Der Bud Bot wurde sofort gut angenommen: Die Nutzungsrate sprang um 87 % in die Höhe.

Take-away

  • Kümmern Sie sich um Ihre Kunden – seien sie der Retter in der Not.
  • Individualisieren Sie Ihr Angebot.
  • Achten Sie darauf, dass Ihre Kundenansprache unaufdringlich ist.
  • Egal, was sie machen – machen Sie es gut.


Noch ein paar Tipps:

  • Starten Sie z.B. mit einem Quiz / einem Geschicklichkeitsspiel (je nach Kontext), um User auf Ihren Chatbot aufmerksam zu machen.
  • Bauen Sie bewusst Fotos und GIFs in den Kommunikationsverlauf mit Ihren Nutzern ein. Sie wissen ja: Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte (ein – wie ich finde – schönes Beispiel hierfür finden Sie auf der Seite von Evulu).
  • Haben Sie keine Scheu davor, lustig zu sein.
  • Fangen Sie einfach an – kein Mensch hat Lust, sofort mit den kompliziertesten Fragen und Aufgaben zu starten.


Abschluss

Richtig eingesetzt, berühren Chatbots zahlreiche Megatrends, darunter „Seamless Commerce“, „Attention Economy“, „Data Era“ und „Individualization“. Dabei definiert sich die Wirksamkeit virtueller Assistenten über vier Fragen, die es zu beantworten gilt, wenn auch Sie zukünftig Chatbots einsetzen wollen.

  • Was wollen Sie erreichen – welches Ziel verfolgen Sie mit dieser Technologie?
  • Was erwarten Ihre Kunden in welcher Phase des Kommunikationsprozesses – nicht nur von einem solchen Chatbot, sondern von Ihnen als Anbieter?
  • Auf welchen Plattformen planen Sie aktiv zu sein und Ihren Chatbot einzubinden – wo treffen Sie Ihre Kunden?
  • Wie konkret helfen Chatbots, Ihre Markenziele zu erreichen – was ist der Business Case?

Bedenken Sie: Kunden sind nicht bereit, ihren Anspruch an Sie als Brand – als Marke und Anbieter spezieller Leistungen zu senken, nur weil Sie in der Kommunikation mit ihnen „coole“ Tools einsetzen. Wird ein Problem nicht gelöst – eine Frage nicht beantwortet, nützen Ihnen auch Chatbot nichts. Diese sind kein Selbstzweck, sondern ein Instrument, das – richtig eingesetzt – dabei helfen kann, sich als kundennahes, innovatives Unternehmen am Markt zu positionieren.

Bei Fragen, kommen Sie gerne auf uns zu.

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Bis bald
Jan Kristof Arndt
Autor: Jan Kristof Arndt

Innovationsberater und Autor „Von Regelbrüchen … oder der Kunst, merkwürdig zu sein“

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